Heute schon an morgen denken: Welches Potenzial haben der Einsatz von KI, Drohnen und Roboter in der Landwirtschaft?
Das Potenzial, dass KI, Roboter & Co. für eine nachhaltige Landwirtschaft haben, wird aktuell vielseitig diskutiert. Besonders bei landwirtschaftlichen Entscheidungen und optimiertem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln (PSM) und Düngern können sie eine große Unterstützung sein. Dies kann in Form von digitalen Pflanzenbausystemen, Feldrobotern, Einzelpflanzenerkennung, Unkrauterkennung und -regulierung, smarte Getreideernte, Pointed Fertilizing, teilflächenspezifische Düngung oder Wildtiererkennung sein.
Zur Einschätzung der Chancen der Digitalisierung in der Landwirtschaft zeigte eine Umfrage auf den DLG Feldtagen, dass 79 Prozent der befragten Landwirte in KI eine große Chance und lediglich nur 15 Prozent ein Risiko sehen. Knapp die Hälfte denken noch über deren Einsatz nach, während 38 Prozent sich bereits mit der Planung beschäftigen. 9 Prozent der Befragten haben KI in ihren Betrieben bereits im Einsatz. Dies verdeutlicht erneut die Vorreiterrolle des Landwirtschaftssektors hinsichtlich der Nutzung und Weiterentwicklung von KI im Vergleich zu anderen Branchen, wenngleich die Nutzung oft in erhöhten Umweltauflagen und häufiger vorkommenden Wetterextremen begründet ist.
Die Entwicklungsstadien der Digitalisierung eines Betriebs
Hinsichtlich der landwirtschaftlichen Digitalisierung gibt es verschiedene Möglichkeiten für den Einstieg. Das meistverbreitete Tool stellt die digitale Ackerschlagkartei dar. Die Schlagverwaltung kann per App flexibel nachgeschaut und auch mit Hilfe von Algorithmen erfolgen, was die Pflanzenschutz- und Düngeplanung deutlich erleichtert. Das Ganze kann auch mit weiteren Softwareanwendungen für betriebswirtschaftliche Auswertungen als auch für die Erstellung von Applikationskarten und Fahrspurplanung vernetzt werden, um den Betriebsablauf so effizient wie möglich zu gestalten.
Neben der digitalen Ackerschlagkartei gibt es auch die Möglichkeit, Digitalisierung in der Außenwirtschaft zu integrieren. Dazu gehört die Nutzung von Warn-Apps für Pflanzenkrankheiten, Wetter oder auch die Verwendung von Lenksystemen und Bordcomputern, die bereits weit verbreitet sind. Das Ein- und Ausschalten von Düsen bei Teilflächen wird durch das automatisierte „Section Control“ System vereinfacht und die Behandlung von Teilflächen somit genauer.
Die genaue Umsetzung können Sie diesem Beitrag entnehmen.
Drohnen: schnell, effektiv und lohnenswert?
Der Einsatz von Drohnen eröffnet neue Möglichkeiten der Informationsbeschaffung mit dem Vorteil, den Einsatz unabhängig von Hangneigung, Befahrbarkeit des Bodens und Wuchshöhe der Kultur zu ermöglichen. Einen großen Nutzen haben Drohnen aktuell bei Kartierungen von Schlägen hinsichtlich Unkrautbesatz, Gesundheitszustand des Bestandes und Nährstoffsituation der Pflanze sowie des Bodens, womit dann bei der Flächeninspektion enorm Zeit eingespart werden kann. Mit Hilfe der multispektralen Kamera einer Drohne kann bereits im frühen Pflanzenstadium der Ernährungszustand eines Bestandes visualisiert werden. Dies kann mittels Indizes wie dem normalisierten differenzierten Vegetationsindex (NDVI) quantifiziert werden. Somit können aber auch einzelne Problemstellen des Schlags aufzeigt werden. Dahingehend werden Applikationskarten für die Dünger- bzw. Pflanzenschutzmaßnahme so erstellt, dass die Aufwandmengen an den teilflächenspezifischen Nährstoffbedarf bzw. Unkrautbesatz darauf angepasst sind. Dadurch können Betriebsmittel auf einer Fläche effizient dort eingesetzt werden, wo sie benötigt werden, während ein Überschuss bei gut versorgten Flächen vermieden wird. Somit trägt der Einsatz von Drohnen auch zu einer umweltschonenden Bewirtschaftung durch den reduzierten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln (PSM) und Düngemitteln bei.
Neben der Erstellung von Karten können Drohnen auch direkt zur Ausbringung von Düngemitteln genutzt werden. Insbesondere in diesem nassen Frühjahr, wo die Flächen lange Zeit schlecht befahrbar waren, probierten einige Betriebe, die erste N-Gabe mit einer Drohne auszubringen. Stabilisierte N-Dünger wie PIAGRAN® pro oder ALZON® neo-N stellten für solche nassen Bedingungen eine elegante Lösung dar. Der ausgebrachte Stickstoff geht durch die Nässe nicht gleich verloren, sondern wird im Boden an Ton-Humus-Komplexe gebunden und bleibt der Pflanze bedarfsgerecht verfügbar. Aber auch hier muss vor der Ausbringung erstmal die zu düngende Fläche mit der Drohne abgeflogen werden, um die auszubringende Menge bedarfsgerecht anzupassen. Ist die Applikationskarte erstellt, kann es losgehen. Für einen reibungslosen Ablauf muss während des Einsatzes sichergestellt sein, dass die Batterie der Drohne vor Ort nachgeladen werden kann und der Dünger klumpenfrei ist. Praktische Erfahrungen von Landwirten in diesem Jahr können in diesem Artikel nachgelesen werden. Aber auch die Ausbringung von Flüssigdüngern, wie PIASAN® 28 oder ALZON® flüssig-S 25/6, ist mit der Drohne möglich.
So vielversprechend der Einsatz von Drohnen sein mag, gibt es jedoch hier zusätzliche Auflagen hinsichtlich der Registrierung und des Luftfahrtrechts (Durchführungsverordnung (EU)2019/947). Vor allem bei der Ausbringung von PSM gelten die gleichen Vorgaben wie die PSM-Ausbringung mit einem Hubschrauber, was einen erhöhten bürokratischen Aufwand darstellt. Auch die Anzahl an PSM und Wirkstoffen, die mit einer Drohne ausgebracht werden können, wird streng reguliert und bedarf einer speziellen Genehmigung. Hinzu kommen eine Zulassung durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) sowie des zuständigen Pflanzenschutzdienstes [1]. Bisher ist eine PSM-Anwendung mit Drohnen nur im Steillagenweinanbau zur Bekämpfung von Pilzkrankheiten zugelassen [1]. Die Ausbringung von Nützlingen wie Schlupfwespen gegen den Maiszünsler unterliegen nicht den Vorgaben wie chemisch-synthetische PSM. Jedoch muss man sich eingestehen, dass die Drohnenausbringungen die Bodenapplikationen nicht ersetzen, sondern nur ergänzen können, da die Arbeitsbreiten und Flächenleistung bisher noch zu gering sind, die Anwendung witterungsanfällig ist und die Investitionskosten vergleichsweise hoch sind.
Teilspezifisch, effizient und umweltverträglich
Die teilflächenspezifische Bewirtschaftung und Düngung kombiniert effizienten Pflanzenbau mit umweltfreundlichem Wirtschaften. Durch die digitale Optimierung kann auf schwachen Stellen Dünger eingespart und auf ertragsstarke Standorte umverteilt werden, was zu einer Reduktion der Düngermenge ohne Ertragseinbußen führt. Für diese Maßnahmen sind Satellitenbilder, Software und Applikationskarten notwendig. Eine Herausforderung stellt die Umstellung des Düngungsplans dar, da zuvor spontane Entscheidungen am Feldrand über die N-Menge pro Hektar getroffen wurden. Nun erfolgt die Planung bei der teilflächenspezifischen Düngung im Büro, wo die Daten auf den Bordcomputer übertragen werden und die tatsächlich ausgebrachte Düngermenge an die Karte in der Schlagkartei zurückgemeldet wird.
Ein Beispiel für präzise Düngung ist das Pointed Fertilizing mit dem FertiSpot. Diese Methode ermöglicht eine punktgenaue Düngerapplikation, bei der der Dünger genau an der Stelle platziert wird, wo das Saatgut liegt. Andernfalls würde der Dünger als komplettes Band seitlich versetzt unterhalb des Saatguts abgelegt werden.
Durch die erhöhte Nährstoffverwertung, die durch die steigende Pflanzenverfügbarkeit erreicht wird, kann die Gesamtdüngermenge pro Hektar reduziert werden, was die Einhaltung von Umweltauflagen vereinfacht. Die Vorteile für die praktische Anwendung umfassen eine gezielte Düngerplatzierung, die zu einer Reduktion der Gesamtdüngermenge führt, sowie Düngereinsparungen von 25 Prozent bei gleichbleibendem Ertragsniveau. Dies trägt auch zum Umweltschutz bei und führt zu Kosteneinsparungen durch reduzierte Düngermengen und höhere Leistungen bei der Saat.
Aktuelle Herausforderungen
Jedoch gibt es auch Betriebe, die die Digitalisierung als Herausforderung ansehen. Die Ansprüche für die Anschaffung von digitalen Tools sind vielseitig. Sie sollen zur Zeitersparnis, reduzierten Betriebsmitteleinsatz, Steigerung Produktionseffizienz, körperliche Entlastung und zur langfristigen Kostensenkung, aber auch gleichzeitig zum umweltfreundlicheren Wirtschaften z.B. durch Bodenschonung beitragen. Demgegenüber gibt es derzeit noch folgende Hemmungen wegen:
- Hohe Investitionskosten
- Sicherstellung einer ausreichenden Wirtschaftlichkeit, Flächenleistung aktuell noch zu niedrig
- Starke Witterungsabhängigkeit beim Einsatz von Drohnen (kein Flug bei bedecktem Himmel)
- Hoher bürokratischer Aufwand hinsichtlich des Einsatzes von Drohnen
- Notwendige Weiterbildungen und Know-how zur maximalen Ausschöpfung der Funktionen (hohe Komplexität)
- Unzureichende standardisierte Schnittstellen und Vernetzung von Systemen
- Aktuell mangelnde Einbindung digitaler Tools bei politischen Maßnahmen (Förderung)
- IT-Sicherheit als Gefahrenpotenzial
Literaturnachweise:
[1] BVL. (2024): „Liste der Pflanzenschutzmittel, die für die Anwendung mit unbemannten Luftfahrzeugen (Drohnen) genehmigt sind“. URL: https://www.bvl.bund.de/SharedDocs/Downloads/04_Pflanzenschutzmittel/psm_drohnen.pdf?__blob=publicationFile&v=3 (zuletzt aufgerufen am 02.01.24).