Mit Kalk und Humus den Boden fit machen

Unsere Nutzpflanzen brauchen Wasser und Nährstoffe und ausreichend Sauerstoff für die Wurzelatmung. Mit der Zunahme von Extremen, die auch mit dem Klimawandel zusammenhängen, spielt der Bodenzustand eine zunehmend größere Rolle. Nur ohne Verschlämmung kann der Boden große Niederschlagsmengen aufnehmen, in den Unterboden ableiten und speichern und so mithelfen, Dürreperioden zu überbrücken. Stabile Aggregate machen ihn elastisch und leicht bearbeitbar und helfen den Bodendruck zu kompensieren. Die Kalk- und Humusversorgung sind dabei zwei wichtige Faktoren, die Sie beeinflussen können, damit durch eine achtsame Bewirtschaftung Böden in einen Zustand gebracht werden, in dem sie optimal funktionieren. Nicht zufällig sind unsere Böden aus Löss, Geschiebelehmen, Tonmergelgesteinen und vulkanischen Gesteinen die besten Böden. Ihr natürlich hoher Kalk- und Mineraliengehalt war die Voraussetzung für die Entwicklung zu gut strukturierten, humus- und nährstoffreichen Böden. Vor allem ihr Kalkgehalt ist aber nicht unerschöpflich.

Zum Weltbodentag 2018 veröffentlichte das Thünen-Institut die Ergebnisse der ersten bundesweiten Inventur landwirtschaftlich genutzter Böden. Von 2012 bis 2018 wurden im 8 x 8 km Raster 3.104 Böden auch auf den Kalkzustand untersucht. Auf den schweren Böden mit Tonmineralgehalten über 25 Prozent, die aus sehr kalkreichen Ausgangsgesteinen entstanden sind, enthalten 41 Prozent noch freien Kalk und bedürfen keiner Kalkung. Auf 38 Prozent der Böden wird nur durch eine regelmäßige Erhaltungskalkung ihr guter Zustand erhalten und 21 Prozent der schweren Böden sind bereits stärker versauert.

Bei unseren besten Ackerböden, überwiegend aus Löss, beträgt der kalkbedürftige Anteil bereits über 80 Prozent bei einem Anteil von 42 Prozent mit starker Versauerung. Besorgniserregend ist der Kalkzustand der leichteren Böden bis 17 Prozent Tongehalt, die aus kalkarmen Ausgangsgesteinen entstanden sind. Über 50 Prozent dieser Böden sind stark versauert, nach bodenkundlichen Grundsätzen kranke Böden und bedürfen einer Gesundungskalkung. Die Tatsache, dass immer mehr Böden kalkbedürftig werden, hat bereits eine natürliche Ursache. In allen ackerbaulich interessanten humiden Klimabereichen der Erde, wo mehr Niederschläge fallen als Wasser verdunstet, ist die Bodenversauerung die größte Gefährdung der Bodenfruchtbarkeit. Verantwortlich dafür ist die CO2-Freisetzung beim Abbau der organischen Substanz durch das Bodenleben, das mit Wasser Kohlensäure bildet und zur Kalklösung und -verlagerung führt. Die momentane Höhe der Kalkzufuhr kann diese Kalkverluste nicht ausgleichen. Die Säurebildung hat aber auch große positive Effekte auf die Bodenentwicklung und die Nährstofffreisetzung und schützt den Boden vor Versalzung.

Durch die Bodenversauerung wird vor allem die Kationenaustauschkapazität (KAK), negativ beeinflusst. Die KAK ist der Maßstab der Speicherfähigkeit von pflanzenverfügbaren basischen Kationen (Ca++, Mg++, K+ und Na+) durch die Bodenkolloide (Tonminerale und Huminstoffe) und gibt Auskunft über den Fruchtbarkeitszustand der Böden. Ein Gleichgewicht ist dann gegeben, wenn die Kolloide zu 70 bis 80 Prozent mit Calcium, 10 Prozent mit Magnesium und weniger als 5 Prozent mit Kalium und 1 Prozent Natrium belegt sind. Bei der Bodenversauerung werden die basischen Kationen zunehmend von Wasserstoff (H+-Ionen) verdrängt und ausgewaschen. Bei überdüngten Böden (viehstarke- und Biogasbetriebe) ist das Verhältnis durch zu viel Kalium und Natrium (und geologisch bedingt Magnesium) und zu wenig Calcium ebenfalls gestört. Versauerung und Überdüngung beeinträchtigen die Bodenstruktur und die Nährstoffdynamik. Wenn die Kolloide mit basischen Kationen gesättigt sind, kann sich freier Kalk im Boden bilden, den Sie einfach mit 10 prozentiger Salzsäure bestimmen können. Ein leichtes Aufbrausen oder ein zumindest hörbares Knistern zeigt ausreichende Gehalte an. Auf schweren und verschlämmungsgefährdeten Böden wird dadurch die Bodenstruktur zusätzlich stabilisiert.

In einer optimalen Kalkung unserer Böden liegen deshalb gewaltige Potentiale. Kalk neutralisiert die Bodensäure, reguliert dadurch den pH-Wert und führt dem Boden das wichtige Kalzium für die Bodenstrukturbildung zu. Befindet sich der pH-Wert im empfohlenen Bereich, sind je Hektar und Jahr 300 bis 500 kg CaO für eine Erhaltungskalkung erforderlich (ca. eine Tonne Kohlensaure Kalke oder ein Mehrfaches bei einer Fruchtfolgekalkung). Das sind bei den momentanen Preisen für Feuchtkalke jährliche Kosten von 30 bis 50 €/ha. Auf versauerten Böden können Sie mit 300 bis 500 €/ha (selten mehr) ihren Boden grundlegend verändern und die Grundlage für einen optimalen Standort für Ihre Nutzpflanzen schaffen. Ein optimaler pH-Wert ist die erste Voraussetzung, dass ein reiches Bodenleben für eine bessere Gare (Lebendverbauung) sorgt und Humus aufbaut. Auf einem Boden mit optimalem pH-Wert kann sich die Pflanze mit allen Haupt- und Spurennährstoffen am besten versorgen.

Bei Phosphatmangel sollten Sie nicht in Panik verfallen, sondern mit einer Kalkung die Verfügbarkeit der meist hohen Reserven im Boden verbessern. In vielen Versuchen ergab eine Kalkung eine bessere Phosphataufnahme wie eine Phosphatdüngung. Bei der momentanen Preissituation bei Stickstoffdüngern sollten Sie alles tun die N-Effizienz zu verbessern. Der pH-Wert ist der wichtigste Faktor. In einem Versuch der TU Berlin brachte die Kalkung eine Steigerung der N-Aufnahme von bis zu 10 kg/ha und eine bessere N-Nutzungseffizienz von durchschnittlich 6,5 Prozent bei Höchstwerten über 12 Prozent. Beim Anbau von Leguminosen, außer Lupinen, dürfen Sie die Kalkung auf keinen Fall vergessen.

Das positiv geladene Calcium in den Kalkdüngern verbindet sich im Boden mit den negativ geladenen Kolloiden (Tonminerale und Huminstoffe) und verknüpft diese zu stabilen Kalk-Ton-Humuskomplexen. Das Bodenleben kann nur aus diesen Komplexen wasserstabile Krümel bilden. Vom Hörensagen waren in aktuellen und älteren Versuchen zur Wasserinfiltration die Versickerung auf den Kalkvarianten um teilweise mehr als 100 Prozent höher. Dies verhindert die Erosion und hält das Wasser in der Fläche. Wichtig dabei sind ausreichend Makroporen (Regenwürmer) und Grobporen >50 µm. Beim Versickern des Wassers in tiefere Erdschichten wird wieder sauerstoffreiche Luft für die Mikroorganismen und Wurzeln in den Boden gesogen. In den Poren <50 µm wird das Wasser pflanzenverfügbar gespeichert. In einem Lehmboden kann der Anteil der Poren, die Wasser pflanzenverfügbar speichern, je nach Bodenstruktur um bis zu 10 Prozent schwanken, was einer Wassermenge von >50 l/m² entspricht. In einer Vielzahl von Kalkungsversuchen ist der günstige Einfluss auf das Porenvolumen nachgewiesen.

Der Einfluss des Standortes auf die Ertragsbildung wird vor allem in Extremjahren deutlich. Bei gleicher Sorte, gleichem Betriebsmitteleinsatz und Anbaubedingungen können durch einen besseren Luft- und Wasserhaushalt die Erträge auf Teilflächen um mehr als 50 Prozent vom mittleren Ertrag abweichen. Eine sukzessive Homogenisierung und Optimierung der Böden ist das Ziel einer nachhaltigen Landbewirtschaftung.

 

Autor: Max Schmidt